Gedanken zur Wintersonnenwende-Zeit von Angela Kling, Dezember 2020
Vielleicht kommen wir in der dunklen Zeit dieses Jahreszyklus wie selten in sehr nahen Kontakt mit unseren Schatten: traurig sein, wütend, Langeweile, sich krank oder kraftlos fühlen, einsam…?
Und wohin mit meiner ganzen Energie? Frage ich mich jeden Tag. Ich tanze nicht in meinen Gruppen, die mich sonst mit ihrer Kreativität so inspirieren. Kein Sport mit anderen Menschen, kein gemeinsames Singen, wenig Arbeit, überhaupt muss ich mir so viel allein ausdenken. Die Tage fließen dahin und ich, die ich sonst immer super strukturiert lebe, bin froh, wenn ich nur einen Teil von dem, was ich mir morgens vorgenommen, umgesetzt habe. Ich lerne Seiten wie diese an mir kennen, oder dass ich gerne mit einer Freundin zusammen sein möchte, aber nach einer kurzen Zeit schon wieder denke,“ Ich will nach Hause und für mich sein“. Dünnhäutig wende ich mich ab, wenn viele Menschen um mich herum sind.
Coronazeit – Persönliches Wachstum und schneller Wechsel der Gefühle
Ich plane kaum noch, obwohl das eigentlich für die Coachings, Fortbildungen und Supervisionen nächstes Jahr ziemlich wichtig wäre. Ich schaue in den Kalender 2021 und dann gleiten meine Gedanken woanders hin. So geht es mir mit vielen Dingen. Ich glaube, das nennt man optimistisch „persönliches Wachstum“, wenn das Bild von einem selbst vollständiger wird mit seinen unzähligen Widersprüchen.
Denn da wäre auch noch der Ärger über diese ganze Coronazeit und ihre beängstigenden Auswirkungen, und dass das überhaupt kein Ende zu nehmen scheint? Ich bin von den kleinsten Dingen genervt! Am meisten von mir selbst. Ein Zeichen, dass ich doch sehr viel mehr Gelassenheit, Geduld und „einen stabilen Geist“, wie es die Buddhisten nennen, von mir erwarte. Geht aber nur manchmal. So wie auch Meditation am Morgen manchmal geht oder tanzen für mich allein oder Klavier spielen oder schreiben, so wie jetzt. Dann wieder überrasche ich mich selbst, dass ich fröhlich vor mich hin summe beim Putzen oder Kochen oder Aufräumen! Bester Dinge Fahrrad fahre zum Einkaufen, mich für eine Teamsupervision in die Geheimnisse des Zoom Profikontos einarbeite oder mich auf ein Online Coaching freue. Schneller Wechsel der Gefühle, wie bei einem Baby. Eben noch ganz zufrieden, ja, fröhlich, dann kippt der Moment zu tiefster Traurigkeit und Tränenflut und umgekehrt.
Was fange ich mit dieser Ohnmacht an?
Es ist wahrhaftig die dunkelste Zeit in diesem Jahr und wir steuern auf den tiefsten Punkt zu, die Wintersonnenwende.
Draußen am Fluss vor unserem Haus liegt alles in diffuser Dunkelheit, eine unwirkliche, Nebel verhangene Grauzone im Gegensatz zu den schreiend, weihnachtlich blinkenden Einkaufspassagen, die ja nun auch noch schließen werden. Was erwartet uns nur, wenn es tatsächlich richtig dunkel wird?
Das Ungewisse ist das, was sich schon längst ganz tief im Inneren der Erde oder in unserem, auch kollektivem, Unbewussten entfaltet, wir es aber noch nicht erkennen können. Wenn wir in Ruhe sind, spüren wir, träumen, nehmen Zeichen wahr.
Im Inneren der Bärin
Hier entwickelt sich ihr Junges, sie gebiert es in der Dunkelheit ihrer Winterhöhle. Im Inneren der Bärin hält sie die Wärme des Sommers, zirkuliert das Blut und die Nahrung des Lebens, das Wissen um ihre Sicherheit und Verbundenheit mit den Bäumen, Pflanzen und Lebewesen um sie herum. Die Träumenden begegnen sich im Seelenlicht.
Wintersonnenwende
Zur Wintersonnenwende am 21. Dezember ist so viel Dunkelheit um uns wie in der Höhle der Bärin. Jetzt hält die innerlich gespeicherte Sonnenwärme unsere Lebensprozesse in Gang, nun leuchten unsere Träume von innen heraus. Die Dunkelheit wiegt dich, deine Gefühle verbinden sich mit deinen Gedanken, alles wird weicher. Du bist vielleicht wie eine Hochschwangere kurz vor der Geburt: das Beruhigungshormon bringt dich zur Ruhe, in die Zuversicht und in die emotionale Verbindung mit dem noch Ungeborenen.
Die Wintersonnenwende kann für uns das „Fest der Mütternacht“ sein: wärmend, schützend, mitfühlend, träumend, loslassend, voller Liebe zu dir selbst, zu den Lebewesen, die jetzt leiden, zu allem, was existiert, sich öffnen für das, was kommen wird.
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Quellenangabe Foto: „Ursa“ Robin Quinlivan, aus dem Kalender We’Moon 2018